Die Folgen der Halbleiterkrise

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Wenn weitreichende Fehler in Chips auftauchen: Was sind die Folgen für die Gesamtwirtschaft angesichts der Halbleiterkrise?

Offenburg, den 30. September 2022 -- Wenn während der Entwicklung von neuen Embedded-KI-Lösungen Fehler in Chipserien entdeckt werden, kann das auf branchenübergreifende Probleme mit Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft hinweisen.

Fehler in Halbleitern gibt es schon immer. Doch was, wenn das Ausmaß immens ist und fast die Hälfte des Chips im Grunde funktionsunfähig? Wenn ganze Verarbeitungseinheiten (ähnlich: Rechenkerne), die bei einem in einer bestimmten Anwendungsdisziplin weit verbreitetem HMP (Heterogeneous Multicore Processor) nicht in der Lage sind, Berechnungen durchzuführen oder chipintern Daten auszutauschen? Der Chip also nur ein Bruchteil der Funktionen und Leistungen erfüllen, die der Hersteller laut Datenblatt verspricht? Der Fullstack-Embedded-KI-Lösungsanbieter AITAD stieß bei der Verwendung von Chips bei der Hardware-Entwicklung für seine KI-Lösungen auf dieses Problem.

„Das bedeutet dann nicht nur einen hohen Aufwand an vertaner Entwicklungszeit, sondern auch einen hohen Neuentwicklungsaufwand mit anderen Chips. Und noch viel weitreichender als eine einzelne, fehlerhafte Halbleiterserie, ist die Frage, welche Probleme und Ursachen damit für die Halbleiterbranche und damit die gesamte Wirtschaft aufgeworfen werden, so AITAD-CEO Viacheslav Gromov.

Graumärkte entstehen und Verkaufsschlager werden priorisiert

Durch den gestiegenen Konsum insbesondere bei Haushaltsgeräten, IT und Consumer Electronics in den Corona-Jahren und gleichzeitig den durch Regelungen und Krankheitsausfällen deutlich gesunkenen Produktionskapazitäten in Asien entstand die aktuelle Halbleiterkrise. Weil durch die Prozesskomplexität die Produktion nicht so einfach und schnell hochskaliert werden kann, wird die Krise viele Jahre nachbeben. Daher sind nicht nur die Preise explodiert, sondern auch Graumärkte durch sogenannte globale Broker entstanden, die Chips aus unbekannten Quellen oft zum bis zu 300-fachen Preis an den Mann bringen – ohne die langen Lieferzeiten der Originalhersteller oder
-distributoren.

Viele Halbleiterhersteller haben zudem schon angekündigt, sich auf die Produktion altbekannter und gut produzierbarer Verkaufsschlager zu konzentrieren. Das bedeutet, das je nach Halbleitertyp die jeweils gängigeren, größeren Nanometerstrukturen verwendet werden, für die es höhervolumigere und rentablere Produktionsstrecken gibt. Neue, komplexere und strukturfeinere Chips werden also weniger bis gar nicht priorisiert. „Was altbekannt ist, muss nicht altbewährt sein. Das Stocken von Innovationen in diesem Feld wirft die ganze Branche und alle Branchen dahinter mittelfristig um einige Jahre zurück,“ kommentiert Gromov.

Drei Entscheidungen, vor denen Unternehmen standen, die Elektronik für ihre Produkte herstellen:

  1. Auf Graumärkten werden die notwendigen Halbleiter bei Brokern aus unbekannten Quellen zu überteuerten Preisen eingekauft. Ein übliches QC (Quality Control) mit Funktionstest oder gar Röntgenbildern kann die damit verbundenen Qualitätsgefahren aber nicht gänzlich ausschließen.
  2. Die zweite Option ist die Nutzung von den Markt überschwemmenden Copycat- oder Noname-Herstellern, die bekannte Produkte günstig und nahezu baugleich imitieren oder gar eigene herausbringen – ebenfalls mit unbekannter Qualität und Zuverlässigkeit.
  3. Die aufwändigste, aber wohl resilienteste Alternative ist ein Redesign der Software auf die zur jeweiligen Zeit verfügbaren Halbleiter. Doch dies ist angesichts des Fachkräftemangels wiederum eine Herausforderung und führt dazu, dass der Hersteller auch meist alle Entwicklungspartner einbeziehen muss.

Wieso treten gravierende Chipfehler überhaupt auf?

Die Ursachen für das Auftreten gravierender Chipfehler könnten von dem Börsendruck herrühren, Innovationen und neue Portfolioerweiterungen durch neue Produkte für die Megatrends wie IoT, Künstliche Intelligenz und Wireless herauszubringen. Coronabedingt ist dies jedoch rein technisch und zeitlich unter Einhaltung des Qualitätsanspruchs kaum noch zu erfüllen. Normalerweise dauert allein die Mikrosystementwicklung vom Konzept bis zur zugelassenen Produktion im Spezialfall bis zu zehn Jahre.

Das zwingt die Halbleiterhersteller dazu, nicht zu Ende ausentwickelte oder getestete Chip-Neuheiten auf den Markt zu bringen oder gar den gesamten Prozess (auch aus der Schublade heraus) abzukürzen. Das Ausmaß dieser Trends wird vermutlich erst in einigen Jahren spürbar sein. „Es gibt offensichtliche Fehler, die schon während der Entwicklung auffallen und umschifft werden, ehe das Produkt auf den Markt kommt. Vorstellbar sind aber auch Fehler, die erst viel später nach Auslieferung im Feld bei den Konsumenten auftreten. Diese können mindestens die gleiche oder eine noch größere Tragweite entwickeln,“ verdeutlicht Gromov die Situation.

„Die aktuelle Situation ist ein Vorgeschmack darauf, was bei größeren Krisen in der Zukunft, wie beispielsweise dem sich aktuell in Taiwan zuspitzenden Konflikt mit dem weltweit größten Halbleiter-Auftragsfertiger TSMC passieren kann,“ gibt Gromov zu bedenken. Man darf also auf den weiteren Verlauf der Halbleiterkrise, die Auswirkungen auf die westlichen Qualitätsanbieter und deren Image bei möglichen Produktrückläufen oder Unfällen gespannt sein.